Wu Tai Chi Chuan nach Ma Jiangbo

Geschichte und Besonderheiten des Wu Tai Chi Chuan

太 極 拳

Wu Tai Chi Chun
(alte Schriftzeichen)

太 极 拳

Wu Tai Chi Chuan
(neue Schriftzeichen)


Der Wu-Stil geht auf (Wu) Quanyou zurück. Quanyou, Offizier der kaiserlichen Leibgarde  lernte von Yang Luchan und gab die Tradition an seinen Sohn Wu Jianquan, ebenfalls Mitglied der kaiserlichen Leibgarde, weiter.

Zu dieser Zeit gab es Tai Chi Chuan ausschließlich als Kampfkunst und langsame Bewegungen waren nicht üblich. Zudem war Tai Chi Chuan eine innere Kampfkunst (Nei Jia Quan), d.h. sie wurde nicht öffentlich unterrichtet, sondern lediglich im Familienkreis gelehrt.

Wu Jianquan


Ma Yueliang

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, also nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, ging Tai Chi Chuan an die Öffentlichkeit. Dabei wurden die langsamen Formen entwickelt.Wu Jianquan entwickelte basierend auf der ursprünglichen schnellen Form die lange langsame Form. Sein Meisterschüler Ma Yuehliang entwickelte später noch eine kurze Variante dieser Form, die heute als die kurze Form praktiziert wird.

In den 1980iger Jahren machte Ma Yuehliang die bis dahin geheim gehaltene schnelle Form ebenfalls öffentlich. Sein Meisterschüler und zugleich einer seiner Söhne, war Ma Jiangbao.


Ma Jiangbao (1941 – 2016) stammt in direkter Linie von Yang Luchan ab. Als Familienmitglied lernte er in Linie seines Ur-Großvaters und Großvaters von seinem Vater die Kunst und wurde auf diese Weise zum Meisterschüler. Ma Jiangbao ist von seinem Vater als einziger Schüler dazu angeleitet worden, das Erbe der Partneranwendungen (Tui Shou) zu übernehmen und weiterzugeben. Ma Jiangbao unterrichtete von 1986 bis 2016 in Europa, ist Ehrenvorsitzender des EWTC (www.wu-taichi.org) und bildete bisher europaweit Lehrer aus, die nach seinem Tod das Vermächtnis wahren und weitertragen.

Ma Jiangbao

Formen und Struktur im Wu Tai Chi Chuan


Ausschnitt aus dem Tui Shou

Wu Tai Chi Chuan enthält neben Handformen ohne Waffen auch Waffenformen. Gelehrt werden Säbelform, Lanzenform und Schwertform.

Partneranwendungen (Tui Shou) vermitteln die Umsetzung der Prinzipien des Wu Tai Chi Chuan in anfangs stilisierten und später immer freieren Übungen mit Trainingspartner. 

Abgerundet wird das System durch fünf Vorübungen, die zu Beginn des Trainings nicht nur die Muskulatur des Übenden aufwärmen, sondern ihn auch mental auf den Unterricht einstimmen.

Der Wu-Stil zeichnet sich durch fließende, geschmeidige und kompakte Bewegungen aus. Diese werden in kleinen Kreisen bzw. Spiralen ausgeführt und beziehen den gesamten Körper ein.

Die langsamen Formen werden in Zeitlupe gelaufen, d.h. die Form selbst entspricht einer einzigen fliesse nden Bewegung, die weder stoppt noch neu ansetzt. Eine solche Bewegung dauert z.B. bei der langen Form rund 40 Minuten.

Der Rücken ist - in sich - zwischen Steißbein und Scheitel (Weilü Zhongzheng - Hanxiong Babei) stets gerade und dient als in  sich drehbare Achse. Die Füße stehen bei Schritten (Gong Bu, Xu Bu, Ping Xing Bu) parallel. Bei Drehungen des Standes werden sie sinnvoll auf Ferse oder Fussballen gedreht und stehen übergangsweise im rechten Winkel (Ding Zi Bu). Insgesamt wird einer natürlichen Funktionsweise der Fußgelenke, Kniegelenke, Hüftgelenke, der Wirbelsäule, den Schultern, Ellbogen und Handgelenken zugearbeitet, was die Bewegungen sehr locker und vor allem natürlich macht.

Diese Art der Ausführung ist zum Einen sehr anspruchsvoll zum Anderen jedoch sehr entlastend für Körper, Geist und Seele. Dadurch, dass man durch und durch beansprucht wird, sich aber nicht verausgabt - Atmung wird langsam, tief und gleichmäßig - kann man das stimulierte Energiepotential besser im Körper nutzen, anstatt es gleich wieder loszuwerden. So bildet Wu Tai Chi Chuan mit der Zeit eine umfassendere energetische Struktur.

Aufgrund seiner speziellen Art eignet sich Wu Tai Chi Chuan für Jung und Alt gleichermaßen. Anfänger profitieren genau so wie erfahrene Kampfsportler.

Ausschnitt aus der langen Form